Warum die „Zielgruppe“ KMU der Grund für zu wenig Kunden ist

von , zuletzt aktualisiert am 19. Juli 2022

Letzte Woche habe ich eine Roadmap-Session, ein kostenloses Erstgespräch, mit einer potenziellen Kundin geführt.

Sie war beunruhigt, weil sie zurzeit nicht genug Aufträge findet.

Ihre Firma bietet Beratungsleistungen in einem Bereich der Digitalisierung an. Ein Bereich, dem es aktuell gar nicht so schlecht geht.

Ich fragte sie: Mit wem arbeiten Sie denn? Wer sind Ihre Zielkunden?

Und sie antwortete: KMU.

Kleine und mittelständische Unternehmen.

In dem Augenblick kannte ich den Grund für die Auftragsflaute.

Kennen Sie die offizielle Definition für KMU?

Der Begriff lässt vermuten, dass Firmen in dieser Kategorie klein sind. Doch das stimmt so nicht. Denn laut Statista gehören fast alle Unternehmen in Deutschland zu den KMU.

Noch deutlicher wird der Punkt, wenn Sie die Umsatzgrößenklassen und die Beschäftigtengrößenklassen anschauen.

KMU sind also Unternehmen von zwei bis hin zu 250 Angestellten. Von (ein paar) Hunderttausend Euro Jahresumsatz bis hin zu 50 Millionen Euro Jahresumsatz.

Ein KMU kann ein inhabergeführter Handwerksbetrieb sein. Es kann aber auch ein Hotelkette sein oder ein Softwarehersteller oder ein Maschinenbauunternehmen.

Alles sind sehr unterschiedliche Firmen von den Zahlen her.

Und alles sind sehr unterschiedliche Firmen von den Herausforderungen und Problemen her.

Das wiederum erklärt für viele Beratungsunternehmen die diese „KMU“ als Zielkunden haben, die Auftragsprobleme. Denn sie wenden sich an eine viel zu große Zielgruppe.

Womöglich ohne es zu wissen, dennoch.

 

kmu_definition-nische

Die KMU-Definition der Europäischen Kommission, IFM, Bonn.

 

Warum die „Zielgruppe“ KMU der Grund für zu wenig Kunden ist.

Für viele Selbständige und Unternehmer hat es sich eingebürgert die Formulierung KMU gleichbedeutend mit ihrer Zielgruppe zu nennen oder der Nische, die sie ansprechen wollen.

Doch die Kategorie „kleine und mittelständische Unternehmen“ ist keine Zielgruppe, weil sie einfach zu groß ist.

Eines der Probleme, wenn Sie KMU als Ihre Zielgruppe wählen.

Die Botschaft wird zu breit.

Es ist nicht möglich, eine Marketingbotschaft zu entwickeln, die alle Unternehmen, die in die Kategorie KMU gehören, gleichermaßen erreicht.

Denn ein Unternehmen mit 50 Millionen Euro Jahresumsatz hat ganz andere Ziele oder Visionen als ein kleiner Handwerksbetrieb mit 300.000 Euro Jahresumsatz.

Ein Softwarehersteller hat ganz andere Abläufe und damit auch ganz andere Probleme als zum Beispiel ein Maschinenbauer oder eine Hotelkette.

Die Firmen haben andere personelle Herausforderungen. In großen Betrieben benötigt man Personalabteilungen, HR, eventuell Recruiting und so weiter.

Sie benötigen anderes Rechnungswesen und Accounting.

Und sie benötigen eine andere Führungsstruktur.

Während im kleinen Handwerksbetrieb der oder die Inhaberin viele Tätigkeiten selbst macht, haben sie in großen Unternehmen ganz andere Aufgabenteilungen und Entscheidungswege.

Weshalb die Botschaft zum „roten Tuch“ werden kann.

Ein Inhaber hört auf andere Verkaufsargumente als eine angestellte Führungskraft.

Viele Verkaufsgespräche scheitern nicht deshalb, weil jemand nicht braucht, was man ihm anbietet. Sie scheitern, weil er den Nutzen für sein Unternehmen nicht versteht.

Nicht weil er dumm ist.

Sondern weil der Nutzen nicht in personifizierte Verkaufsargumente gebracht wird. Argumente, die mit seiner Situation, seiner Firma, seinen Herausforderungen zu tun haben.

Mehr noch, der potentielle Kunde hört etwas, das für ihn ein rotes Tuch ist.

Etwas, von dem er falsche Vorstellungen hat. Und es ist unsere Aufgabe als Anbieter das in die Wahl der richtigen Verkaufsargumente einzubeziehen.

Ein Beispiel.

Sind Ihre Kunden Handwerker, werden sie auf Themen, die mit Computern, IT oder Software zu tun haben tendenziell zurückhaltend reagieren.

Handwerker sind praktische Menschen.

Sie sind bodenständig, eher konservativ und selten sehr technik-affin. Dennoch haben auch sie Probleme, die mit Hilfe von Technik gelöst werden können.

Hört ein Handwerker von einer Software, die eine Verdoppelung des ROI bei substantiellem Zuwachs von Rentabilität in allen unternehmenskritischen Bereichen verspricht, hört er keine Vorteile.

Er hört ein rotes Tuch.

Denn das ist nicht seine Sprache. Das ist nicht das, was er als nächstes größeres Problem in seiner Firma anpacken will.

Doch es gibt eine einfache Lösung.

Was Sie tun müssen, ist sich eine Gruppe herauszupicken. KMU ist keine Zielgruppe. Das ist lediglich eine grobe Kategorisierung einer riesigen, heterogenen Unternehmensmasse.

Sie müssen Ihre Zielgruppe eingrenzen. Und zwar auf eine Gruppe, die in etwa das gleiche Problem haben und dann müssen Sie dieses Problem adressieren.

Warum haben viele Berater solche Angst davor, sich einzunischen? Oder sich eine Gruppe herauszupicken? Nach unserer Erfahrung sind es oft drei Gründe, warum das so ist.

 

 

 

Grund #1: Angst, nicht genügend Kunden zu finden.

Deshalb wählt man die KMU.

Doch wenn Sie eine Gruppe wählen, die das gleiche Problem haben und es adressieren, werden Sie feststellen, dass Sie eigentlich doppelt so viele Kunden gewinnen.

Denn es kommen auch Menschen, die nicht zu dieser Gruppe gehören, die aber sagen, ich habe das gleiche Problem, hilf mir weiter. Sie adressieren immer zwei Zielgruppen, wenn Sie sich einnischen.

Viele denken in zu großen Dimensionen über die Menge ihrer potenziellen Kunden. Überlegen Sie: Wie viele Aufträge können Sie pro Jahr abwickeln?

Wie viele sind es gleichzeitig?

Wahrscheinlich landen Sie bei einer Zahl, die zwischen sechs und etwa 20 liegt. Selbst wenn Sie Ihre Nische enger wählen, laufen Sie nicht Gefahr, zu wenig Kunden zu gewinnen.

(Vorausgesetzt, Sie machen genug Marketing ;).)

Grund #2: Angst, dass es langweilig wird.

Der zweite Grund ist die Angst vor fehlender Abwechslung. Doch wenn Sie mit einer großen Gruppe arbeiten wollen, die sehr gemischt ist, werden Sie immer an der Oberfläche bleiben.

Sie werden bei einem Handwerksbetrieb, bei einem Softwareunternehmen und bei einem Maschinenbauer nie wirklich in die Tiefe gehen können.

Doch wenn Sie sich auf eine Kundengruppe und deren Problem einlassen, werden Sie in der Lage sein, tiefer zu gehen. Dann entdecken Sie Möglichkeiten, die sonst niemand entdeckt.

Dann werden Sie ein Experte auf Ihrem Gebiet und das ermöglicht Ihnen viele Wege zu finden, Ihren Kunden zu helfen.

Je mehr Sie bei einer Nische in die Tiefe gehen, desto granularer – also feiner, genauer, präziser – können Sie Probleme in der Tiefe erklären. Und das können nur wenige Berater.

Grund #3: Angst das falsche zu wählen.

Der dritte Grund, warum viele eine zu große Zielgruppe wählen ist die Frage: Was ist, wenn es die falsche Nische ist? Was ist, wenn es mir keinen Spaß macht?

Und diese Frage ist berechtigt.

Doch niemand zwingt Sie, diese Zielgruppe für immer und ewig zu bedienen.

Es ist Ihr Business. Sie bestimmen die Regeln.

Wenn Sie nach einem halben Jahr feststellen, dass unbefriedigend ist mit dieser Gruppe zu arbeiten, ändern Sie sie. Und normalerweise ist es so, dass Sie im Laufe eines Selbständigen- oder Unternehmer-Lebens immer mal wieder die Zielgruppe ändern.

Weil Sie sich ändern.

Oder weil sich Ihr Angebot ändert. Das muss keine große Sache sein, Sie starten ja nicht bei Null.

Zusammenfassung

Warum die Zielgruppe KMU der Grund für zu wenig Kunden ist liegt auf der Hand: Die Bezeichnung ist lediglich ein Konglomerat sehr unterschiedlicher Firmen im Hinblick auf Größe, Umsatz, Probleme und Ziele.

Es ist keine echte Nische oder Zielgruppe.

Doch erst eine Zielgruppe mit spezifischen Problemen (oder Zielen), die Sie addressieren können, bringt Ihnen mehr Kunden.

 

 

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Andrea Lekies

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